Antikisierende Ruinenarchitekturen in deutschen Gärten

Antikisierende Ruinenarchitekturen in deutschen Gärten

 

Der programmatische Aufruf "Ruinirt euch, um Ruinen zu machen!" des Prince Charles-Joseph de Ligne (1799) galt einer eigentümlichen und aufwendigen Imagination der Alten Welt: den künstlichen Ruinenarchitekturen in (Landschafts-)Gärten. Insbesondere Ruinenansichten der griechisch-römischen Vergangenheit bildeten ein beliebtes Genremotiv bei den Gartenausstattungen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts.

Das vorliegende Buch – so Michael Niedermeier in den Vorbemerkungen – stellt ein Kompendium der wichtigsten künstlichen Ruinen in deutschen Gärten dar, wobei nicht Gartenhistoriker zu Wort kommen, sondern drei klassische Archäologen. Das Buch ist Ergebnis einer persönlichen Beschäftigung mit dem Thema antikisierender Ruinen in Gärten und stellt keinen Anspruch, eine umfassende Abhandlung zu Kunstruinen zu sein.

Das Buch teilt sich in mehrere kurze Beiträge zum Thema an sich und den Katalogteil auf. Im ersten Teil wird die Frage nach der Geschichte künstlicher Ruinen, deren Definition, Funktion(en), Formen und Wirkungen sowie der Größe und Bauweise im Allgemeinen und anhand von Beispielen behandelt. Diese Einleitungstexte sagen prägnant das Wesentliche zum Thema aus. Ergänzt wird dieser Teil durch Bemerkungen über das Spannungsfeld zwischen Archäologie und künstlichen Ruinen. Der zweite Teil des Buches beinhaltet die Liste antikisierender Ruinen in Deutschland: alphabetisch geordnet nach Orts- und Gartennamen. Die Liste umfasst sowohl errichtete als auch geplante, jedoch nie umgesetzte Entwürfe von Ruinenbauten, wobei der 40-seitige Katalog keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Im Anhang werden künstliche antikisierende Ruinen in anderen europäischen Gärten aufgelistet, so auch in Österreich: der Ruinentempel in Alt-Erlaa, der Neubrunnen in Ernstbrunn, die Römische Ruine in Schönbrunn und die ehemaligen Säulenstellungen am Predigtstuhl und in Petronell. Zusätzlich wären hier zu nennen: die Ruine in Damtschach, die zahlreichen künstlichen Ruinen des Fürsten Johann I. von Liechtenstein im Raum Mödling und die "Ruinenvilla" im Wiener Dehnepark (alle erhalten) sowie die Ruine in Neuwaldegg (nicht erhalten). Abgeschlossen wird das Lexikon durch eine Bibliographie (16 Seiten).

Wie schon beim Lexikon "Chinoise Gartenarchitekturen in deutschen Gärten" von Gerd-Helge Vogel (erschienen als Band 27 der Mitteilungen der Pückler Gesellschaft) ist lobend zu erwähnen, dass es überhaupt Personen aus verschiedenen Fächern gibt, die einen geographischen Überblick zu bestimmten "Gartengebäuden" (Gartenstaffagen) wagen. Von großem Vorteil ist die Tatsache, dass im vorliegenden Werk fast jede besprochene Kunstruine mit einer historischen Abbildung und/oder einem aktuellen Photo versehen ist. Angaben über das Bauwerk selbst, (mögliche) Vorbilder, den gegenwärtigen Zustand bzw. das Abrissdatum sowie relevanter Literatur sind der hilfreiche Raster des kleinen Lexikons.

Christian Hlavac

 

Jürgen Obmann, Derk Wirtz, Philipp Groß: "Ruinirt euch, um Ruinen zu machen". Antikisierende Ruinenarchitekturen in deutschen Gärten des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Mitteilungen der Pückler Gesellschaft e. V. Berlin. Band 30 – Neue Folge. VDG Verlag. Weimar 2016. 132 Seiten, 125 Farbabb., Hardcover, ISBN 978-3-89739-864-1. EUR 24,- [D]

 

 

 

 

 

 

 

 



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