Automatenkunst in Gärten um 1600

Automatenkunst in Gärten um 1600

Der Ausstellungskatalog mit fünf vorangestellten Aufsätzen zeigt in Wort und Bild übersichtlich den theoretischen Hintergrund für und konkrete gebaute Beispiele von Automaten in der Zeit von ca. 1560 bis 1630. Der inhaltliche Aufhänger der Ausstellung und des Katalogs sind die Schrift "Von Gewaltsamen bewegungen", die der gebürtige Franzose und Architekt, Ingenieur und Gartengestalter Salomon de Caus 1615 verfasst hat und die von ihm entworfenen Wasserkünste wie Brunnenanlagen, Fontänen, Figurenautomaten und Wasserorgeln in Brüssel, London und Heidelberg. Salomon de Caus war einer der Protagonisten einer Verwissenschaftlichung der Gartenkunst am Beginn des 17. Jahrhunderts. Stefan Schweizer geht in seinem Beitrag auf Salomon de Caus (1576-1626) und dessen wissenschaftlich-künstlerische Programmatik ein, die stark von antiken Schriften und der Geometrie als Entwurfsprinzip von Kunst geprägt war. Verena Schneider präsentiert den Lesern/innen eine Typologie von hydraulisch und hydropneumatisch betriebenen Automaten in Grotten der frühneuzeitlichen Gärten. Grundsätzlich können zwei Phänomene von Automatenkunst unterschieden werden: körperliche Bewegung sowie Musik und Ton, die entsprechend visuell und akustisch wahrgenommen wurden. Gabriele Uerscheln bezieht die Zeit vor und nach Salomon de Caus in ihre Betrachtungen ein (siehe z.B. die Thesisgrotte in Versailles). Hans Michael Schellenberg stellt in seinem kurzen Beitrag den antiken Autor Heron (von Alexandria) und seine Arbeiten über den Bau von Automaten und Wasserorgeln vor. Volker R. Remmert widmet sich den mathematischen Wissenschaften in der Gartenkunst der frühen Neuzeit.

Das Verdienst der Autoren/innen ist es, ein Werk hervorgebracht zu haben, dessen Inhalte man sich bisher teils mühsam aus verschiedenen Werken zusammensuchen musste. Verwiesen sei hier z.B. auf Gerold Weber (Brunnen und Wasserkünste in Frankreich im Zeitalter von Louis XIV. Mit einem typengeschichtlichen Überblick über die französischen Brunnen ab 1500. Worms 1985), Robert R. Bigler (Schloss Hellbrunn. Wunderkammer der Gartenarchitektur. Wien 1996) und das zweisprachiges Werk "Il sogno del principe. Il parco Mediceo di Pratolino (The Prince´s dream. The Medici Park at Pratolino)", herausgegeben von Massimo Becattini (Florenz 2006).

Im Vorwort steht treffend über die Ausstellung geschrieben: "Manches "Wunder" wird sich als Ergebnis höchst gelehrsamen Wissens zu erkennen geben, manch Ausmaß an Gelehrsamkeit wird wie ein Wunder erscheinen und Staunen machen." Positives Staunen wird auch durch den Ausstellungskatalog als sehr gutes Übersichts- und Einführungswerk zum Thema "Automatenkunst" hervorgerufen.

Aus österreichischer Sicht darf auf eine Besonderheit verwiesen werden. Die Graphische Sammlung der Albertina in Wien besitzt die schon mehrmals publizierten Zeichnungen Giovanni Guerras mit Ansichten des Gartens und der Villa Medicea zu Pratolino (Toskana) vom Ende des 16. Jahrhunderts. Pratolino gilt als erste Anlage der Neuzeit, in der zahlreiche Wasserkünste und Automaten errichtet wurden. Guerras Zeichnungen sind einige wenige, die uns von der Anlage Pratolino überliefert sind und die uns zumindest optisch in die Welt der Grotten und Automaten verführen können.

Christian Hlavac

Stiftung Schloss und Park Benrath (Hrsg.): Wunder und Wissenschaft. Salomon de Caus und die Automatenkunst in Gärten um 1600. Katalog zur Ausstellung. 272 Seiten. 21 x 30,4 cm, Broschur. Grupello Verlag. Düsseldorf 2008. EUR 38,-



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