Caspar Voght

Caspar Voght

 

In Österreich ist der Hamburger Kaufmann Caspar Voght fast ein Unbekannter. Nur wenigen Fachleuten ist sein Name ein Begriff. Und dies trotz der Tatsache, dass er - spiritus rector der Hamburger Allgemeinen Armenanstalt - das Wiener Armenwesen Anfang des 19. Jahrhunderts auf neue Beine stellte und dafür von Kaiser Franz II. im Jahre 1802 in den Reichsfreiherrenstand erhoben wurde. Für Österreich ist er jedoch auch in anderer Hinsicht von Bedeutung: Er ist der wichtigste Pionier der "ornamented farm" (auch "ornamental farm" und "ferme ornée") im deutschsprachigen Raum.

Aufbauend auf einem Symposium 2013 gab es von April bis November 2014 im Hamburger Jenisch Haus, mitten im einstigen Mustergut Voghts, eine Ausstellung zum "Weltbürger vor den Toren Hamburgs". Seine Person entzieht sich einer einfachen Beschreibung, da seine vielen Interessensgebiete nur eine Annäherung an die zahlreichen Facetten dieses Bildungsbürgers ermöglichen. Caspar Voght (1752-1839) zählte zu den bedeutendsten Hamburger Persönlichkeiten der Zeit um 1800. Die Grundlage seiner Welt- und geistigen Offenheit bildeten vor allem seine Bildungs- und Geschäftsreisen 1772-1775 durch Europa, 1786 nach England, 1793-1795 nach England, Schottland und Irland sowie 1807-1812 durch Kontinentaleuropa. Der Besuch der "ornamented farm" des Dichters William Shenstone, "The Leasowes", westlich von Birmingham (heute noch in Resten vorhanden) im Jahre 1786 beeindruckte ihn sehr und prägten seine Herangehensweise bei der Schaffung seiner Parklandschaft in Klein Flottbek westlich von Altona. Die Anlage "The Leasowes", welche das Schöne mit dem Nützlichen verband, wurde ihm zum Vorbild. Bei seinen Reisen und Studien in Großbritannien beschäftigte er sich vor allem mit den modernen Ansätzen der dortigen Landwirtschaft.

Der vorliegende Begleitband mit elf Textbeiträgen und einem Katalogteil vermittelt einen guten Einblick seines von aufklärerischen Idealen geprägten Lebens und Schaffens. Voghts Bekanntschaften mit zahlreichen Persönlichkeiten aus Europa (zum Beispiel Madame de Staël, Johann Wolfgang von Goethe sowie Johann Heinrich von Thünen) stehen ebenso im Fokus des Buches wie seine Beiträge zur zeitgenössischen Reform des Armenwesens und sein landwirtschaftliches Mustergut in Klein Flottbek im Stil der "ornamented farm". Ab 1785 hatte er begonnen, im holsteinischen Flottbek (heute Teil von Hamburg) Land zu erwerben. Das Flottbeker Mustergut, das landwirtschaftliche und Parkflächen räumlich vereinte, umfasste schließlich eine Fläche von 225 Hektar. Flottbek war der Idealfall, in dem Verwissenschaftlichung, Rationalisierung und Modernisierung der Landwirtschaft mit Ästhetischen und sozialpolitischen Ansprüchen zusammentrafen. Der heutige Rest des Mustergutes bzw. der Parklandschaft (vor allem der Jenisch Park, benannt nach dem nachmaligen Besitzer), weist nur mehr ein Sechstel der einstigen Größe auf. Dank des Einsatzes eines Fördervereines vor Ort lässt sich jedoch auch heute noch in Ansätzen die Herangehensweise Voghts bei der Gestaltung seiner "ornamented farm" ablesen.

Sein noch bestehendes Wohnhaus war einst ein herausragendes gesellschaftliches Zentrum vor den Toren Hamburgs und zählte zu den bedeutendsten Ausgangspunkten der architektonischen und gartenkulturellen Erschließung des Hohen Elbufers. Durch die Buchbeiträge von Autorinnen und Autoren unterschiedlicher Fachgebiete ersteht ein anschauliches Lebensbild eines vielseitig gebildeten und sehr aktiven Mannes in der Zeit der Aufklärung. Zahlreiche Abbildungen, auch des Mustergutes bzw. der Parklandschaft, werten die Publikation zusätzlich auf.

 

Christian Hlavac

 

 

Czech, Hans-Jörg, Petermann, Kerstin, Tiedemann-Bischop, Nicole (Hrsg.): Caspar Voght (1752-1839). Weltbürger vor den Toren Hamburgs. Michael Imhof Verlag. Petersberg 2014. 240 Seiten, 207 Abbildungen, gebunden, ISBN 978-3-7319-0053-5. EUR [A] 30,80, EUR 29,95 [D], SFr 40,90



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