Diesseits von Eden

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Europäische Marketing-Konzepte für Gärten und Schlösser

Robert de Jong bringt es in seinem Beitrag auf den Punkt: "Die Diskussion um die Vermarktung von Kulturgütern ist schon längst keine Frage des Entweder-Oder mehr, sondern eine nach dem Wie. Auch das Marketing für Gärten und Schlösser ist eine Tatsache und wird heute in mehreren europäischen Ländern erfolgreich praktiziert" (S. 12).

Im vorliegenden Sammelband zeigen Beispiele aus europäischen Ländern, ob und wie Marketingstrategien professionell(er) umgesetzt werden können. Positive Vorbilder in Europa sind Wegweiser, die zeigen, wie das wachsende Bewusstsein um die Notwendigkeit der Erhaltung des kulturellen Erbes mit einem verantwortungsvollen Marketing zu verbinden ist.

Der großformatige Band versammelt 23 Beiträge namhafter europäischer Expertinnen und Experten aus den Bereichen Gartenmanagement, Wissenschaft und Tourismus. Inhaltlich gliedert er sich in drei Teile: Die Grundlagen, die Vorstellung von Erfahrungsberichten aus europäischen Ländern und die Präsentation aktueller Marketing-Konzepte in Deutschland.

In den Gartenanlagen müssen die kulturellen und künstlerischen Qualitäten gesichert werden, damit das Marketing den eigentlichen Gegenstand des Handelns nicht verliert bzw. zerstört. Michael Rohde sieht daher "nur derartige Nutzungen [in historischen Gärten] zulässig, welche für die Gartenanlagen als Denkmale einschließlich ihres jeweiligen Zubehörs die Erhaltung der Substanz auf Dauer gewährleisten" (S. 36). Giorgio Galletti, kritischer Fachmann aus Italien, verweist folgerichtig auf die Übernutzung und die zahlreichen physischen und optischen Schäden durch Events in historischen Anlagen, z.B. in den Boboligärten in Florenz (S. 87f).

Das Interview mit Thomas Weiss, Direktor der Kulturstiftung DessauWörlitz, der offene und selbstkritische Beitrag über den Muskauer Park und der Text zu den Anlagen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg stechen im Sammelband durch ihren jeweils weitsichtigen Ansatz hervor. Mit dem Aufsatz über die umstrittene Studie "Museumslandschaft Kassel" wird die inhaltliche Auseinandersetzung über die Zukunft des Gesamtkunstwerkes Wilhelmshöhe prolongiert (siehe dazu z.B. die Replik auf die Studie von Horst Becker in "Die Gartenkunst" Heft 2/2005).

Im Beitrag über die Herrenhäuser Anlagen in Hannover wird (wiedereinmal) der Versuch gestartet, eine Gartenanlage durch das mögliche Allheilmittel "Welterbestatuts" marketingmäßig aufzuwerten. Die anderen Buchbeiträge über Gartenanlagen mit Welterbestatuts (Potsdam Sanssouci, Dessau-Wörlitz, Bad Muskau) sensibilisieren: Ohne qualitative Rahmenbedingungen kann der Nutzen eines Welterbestatus leicht verpuffen. Von der Verwässerung der UNESCO-Welterbeliste durch eine stetig steigende Anzahl von Neunominierungen sei an dieser Stelle gar nicht gesprochen. Im selbigen Beitrag über Herrenhausen wird das Nachhaltigkeitsprinzip bemüht. Eine Rückkoppelung zu diesem Prinzip und die Stimmigkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen mit dem Denkmalcharakter bzw. der Nutzungsgeschichte der Herrenhäuser Anlagen fehlen jedoch.

Einige wenige kleine Fehler oder Irrtümer haben sich im ansonst makellosen und interessanten Buch eingeschlichen. So wird z.B. der Waldsteingarten in Prag zum Schillerischen Wallensteingarten (S. 116), und die Anlage von Pruhonice wird nur in der eingedeutschten Form Pruhonitz erwähnt (S. 119).

Im letzten Beitrag fassen Rainer Herzog und Ines Treffler von der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen die Herausforderung in der Zukunft treffend zusammen: "Die Gärten sollen für Besucher attraktiv sein und bleiben, jedoch ohne Gefahr zu laufen, dass sie übernutzt oder gar als Gartendenkmal in Frage gestellt werden" (S. 202). Dem ist nach der Lektüre des Bandes nichts hinzuzufügen.

Christian Hlavac

Brandt, A., Von Bothmer, W., Rohde, M.: Diesseits von Eden. Europäische Marketing-Konzepte für Gärten und Schlösser. Hinstorff Verlag, Rostock 2006. 223 S., ISBN 3-356-01104-9; EUR 19,90 / SFr 34,90



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