Gärten Le Nôtres in der Druckgraphik

Gärten von Le Nôtre in der Druckgraphik

 

Zum diesjährigen 400. Geburtstag des französischen Gartenkünstlers André Le Nôtre präsentiert das Museum für Europäische Gartenkunst in Benrath von 15. September bis 17. November 2013 die Ausstellung "Illusion und Imagination". Sie zeigt Le Nôtres Werk im Spiegel zeitgenössischer Druckgraphiken (Kupferstiche und Radierungen), die im 17. Jahrhundert das wichtigste visuelle Medium bildeten, um Garten- und Schlossanlagen bekannt zu machen. Die Blätter normierten - so der Klappentext - die bildlichen Vorstellungen dieser französischen Gärten in ganz Europa. Neben Leihgaben aus der Kunstbibliothek Berlin und dem Kupferstichkabinett Dresden werden auch Graphiken aus eigenem Bestand sowie Modelle, zeitgenössische Reise- und gartentheoretische Literatur gezeigt.

Der Ausstellungskatalog stellt anhand zeitgenössischer Druckgraphiken die wichtigsten französischen Gärten vor, an deren Entstehung oder Umgestaltung Le Nôtre (mit-)beteiligt war. Der Katalog beinhaltet einerseits Aufsätze über das Leben und Wirken André Le Nôtres, andererseits die in der Ausstellung gezeigten Druckgraphiken. Dass die Ausstellung und der Katalog den Schwerpunkt nicht auf die Person Le Nôtre fokussiert, ist im Museumsbetrieb ein eher ungewöhnlicher Ansatz. Der Hintergrund: Der Ruhm der Gärten Le Nôtres beruhte sehr stark auf dem Medium Druckgraphik und deren weite Verbreitung.

Da die Zeichner und Stecher nicht einer "photographischen" Wiedergabe verpflichtet waren bzw. sein mussten, heißt die Ausstellung zu Recht "Illusion und Imagination". Ziel der Ausstellung ist laut der Herausgeber, sich der Funktion der Blätter als Kommunikations- sowie Repräsentationsmedium bewusst zu werden.

Am Beginn des Katalogs steht ein Abriss des Lebens und der Rezeptionsgeschichte Le Nôtres durch Stefan Schweizer. Wie der Autor korrekt ausführt, wissen wir über die Person Le Nôtre und seine Tätigkeit als Gartenkünstler sehr wenig. Aus diesem Grund lässt Schweizer viele Anekdoten aus oder rückt sie ins rechte Licht; er "entzaubert" die anekdotenfixierte Geschichtsschreibung über Le Nôtre. Eine Anmerkung sei zu seinem Beitrag trotzdem erlaubt: Auch wenn Charles Joseph de Ligne die Gärten Ludwigs XIV. und Le Nôtres in seinem Werk "Coup d´oeil sur Beloeil" stark kritisiert ("Feinde der Natur"), war Ligne ein Kosmopolit der Gartenkunst, der verschiedene Stile in seinen Gärten zuließ. Es gäbe "[...] nur einen guten und einen schlechten Geschmack. So giebt es auch nur eine einzige Musik. Schon längst wollte mir es nicht gefallen, wenn man sagte: das ist Französisch, das ist Italienisch. Sprecht doch lieber: das ist gut! dachte ich dann immer. Freilich könnte ich auch so von meinen Gärten reden; aber ich sehe wohl ein, daß einmal eine Art von Uebereinkunft hierin Statt findet. Einfachheit, Natur und Regellosigkeit gehören den Engländern, so wie die geraden Linien, durchbrechenden Richtungen und großen Parthien den Franzosen. Ohne zu entscheiden, welche Musik die bessere, und welche Gärten die schöneren sind, halte ich vielmehr dafür, daß man sich nach Lage und Umstünden zu richten habe." (Ligne, 1799, Erster Teil der deutschen Ausgabe, Seite 8).

Christof Baier gibt im nachfolgenden Text einen Überblick über die Gartenkunst Le Nôtres im Medium der Druckgraphik; Ina Mittelstädt widmet sich in ihrem Text dessen Gärten in der zeitgenössischen Literatur. Nach den drei Textbeiträgen samt Abbildungen folgen 121 Druckgraphiken, geordnet in den Kapiteln "Portraits", Publikationen zur "Theorie der Gartenkunst", "wissenschaftliche Instrumente" für die Landvermessung und "Graphik als Medium". Danach folgt das große Kapitel über Gärten, an deren Entstehung oder Umgestaltung  Le Nôtre (mit-)beteiligt war. Die Bandbreite reicht von den Tuil(l)erien über Versailles und Sceaux bis zum Hôtel de Condé in Paris. Abgeschlossen wird die Vorstellung von Druckgraphiken in den Kapiteln "Skulpturen in Versailles", "Fest in Versailles" und "Le Nôtres Gärten in Reiseführern des frühen 18. Jahrhunderts". Ein Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein Glossar schließen die Publikation ab.

Der Abdruck der einzelnen Stiche und Radierungen wird durch auf den Punkt gebrachte Texte samt genauen Angaben zur jeweiligen Graphik (Titel, Maße, Verleger, allfällige Vorlagen, ...) ergänzt. Bildinhalt und Zweck der Ansicht werden analysiert. Die zum Teil in der deutschsprachigen Fachliteratur selten veröffentlichten Druckgraphiken stammen unter anderem von Israël Silvestre, Adam Pérelle, Willem Swidde und Jean Le Pautre.

Da seriöse und übersichtliche Werke in deutscher Sprache über das Schaffen von André Le Nôtres Mangelware sind, ist das vorliegende Werk ein weiterer wichtiger Schritt, das Werk des Franzosen detailliert aufzuarbeiten. Der Katalog zeigt (ungewollt), wie schwer es ist, die Schöpfungen Le Nôtres bildlich und textlich zu fassen.

 

P.S. Wer einen umfassenden Blick auf zeitgenössische Abbildungen (Ölgemälde, Stiche, ...) der Gärten Le Nôtres haben will, muss in den meisten Fällen noch immer auf französische Publikationen zurückgreifen. Für Versailles sei beispielsweise auf das Werk "Versailles. La fabrique d´un chef-d´oevre" (Gady Alexandre; Le Passage Editions; Paris 2011) verwiesen.

 

Christian Hlavac

 

 

Stefan Schweizer und Christof Baier (Hrsg.): Illusion und Imagination. André Le Nôtres Gärten im Spiegel barocker Druckgraphik. Katalog zur Ausstellung im Museum für Europäische Gartenkunst der Stiftung Schloss und Park Benrath. Grupello Verlag. Düsseldorf 2013. 320 Seiten, 216 farbige Abb. Klappenbroschur, Format 21 x 30 cm, ISBN 978-3-89978-191-5. EUR 38,-

 

 



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