Geschichte der Gartenkultur (Bücherei)

Geschichte der Gartenkultur (Bücherei)

 

Selten aber doch werden fachlich fundierte, etwas bissige, aber liebenswert verfasste Vorwörter in Fachpublikationen abgedruckt. Jenes im vorliegenden Werk ist ein solches. Es beginnt mit einem Plädoyer für Bibliotheken und Archive: "Gartengeschichte können Sie sich heute am heimischen Bildschirm erarbeiten. Wenn Sie die Tricks kennen, wie man falsch aufgenommene und thematisch nicht klassifizierte Buchtitel online findet und hundertmal auf 'weiter' klickt, bevor man die gewünschte Stelle gefunden hat - kein Problem. Der eigentliche Schatz jedoch sind Bücher, Handschriften und Bilder im Original. [...] Sie finden echtes Papier, mal dicker mit Kämmung, mal dünner und schon brüchig, und Sie können die Seiten selber umblättern, auch 30 auf einmal."

Eine dieser indirekt angesprochenen Bibliotheken (samt Archiv) ist die "Bücherei des Deutschen Gartenbaus" in Berlin, deren Ursprung bis ins Jahr 1822 zurückreicht. Das vorliegende Werk schildert nun die Gartengeschichte aus Sicht dieser Bücherei. Die größte Spezialbibliothek für Gartenliteratur in Deutschland mit ihren Büchern, Tafelwerken, Zeitschriften, Plänen, Briefen, Katalogen, Einzelblätter und Photographien dient sozusagen als Gerüst einer reich illustrierten Darstellung der Geschichte der europäischen Gartenkultur (und Gartenkunst). Gegliedert ist das Buch in acht Kapitel: diese reichen vom Gärtnerberuf, der Pflanzenleidenschaft, berühmte Gärtnereien und ihre Kataloge, Technik im Garten über Gartenkunst, Obstbau bis zur Züchtung von Gartenpflanzen und zur Geschichte der Gartenbaubibliothek. Der Anhang umfasst Literaturquellen sowie ein Pflanzen-, Orts- und (nicht vollständiges) Personenregister.

Auch wenn der Fokus der Texte auf Deutschland liegt, gibt es immer wieder Bezüge zu Österreich: die Gärtnerfamilie Zinner, Franz Anton Danreiter, Kärntner Landwirtschaftsgesellschaft, Schönbrunn oder die Wiener Stadtgärtnerei, wobei bei letzterer die Angabe des Gründungsdatums mit 1861 leicht irreführend ist: denn Rudolph Siebeck wurde im September 1861 nur provisorisch (!) für die Errichtung des Stadtparks als "Stadtgärtner" eingestellt, ohne eigenes Budget und Mitarbeiter. Auch bei Schönbrunn hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen: Nicht Kaiser Karl VI., sondern Franz I. (Franz Stephan von Lothringen) gründete den Holländischen Garten.

Alles in allem regen die kurzen Texte zu den aussagekräftigen Abbildungen an, in entsprechender Fachliteratur, die im Anhang genannt wird, weiterzulesen. Passend selbstkritisch ist daher der Schluss des Vorworts: "Glauben Sie keiner Sekundärquelle. Auch dieser nicht. Forschen Sie selbst."

Christian Hlavac

 

Bücherei des Deutschen Gartenbaues e. V. (Hrsg.): Geschichte der Gartenkultur. Von Blumisten, Kunstgärtnern, Mistbeeten und Pomologien. L&H Verlag. Berlin 2015. 288 Seiten, mit zahlreichen Farbabbildungen, 18 x 24 cm, gebunden. ISBN: 978-3-939629-35-1. EUR 39,80 [D]



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