Japanische Gärten in Deutschland

Japanische Gärten in Deutschland

 

Im Jahre 1904 wurde in Düsseldorf ein sogenannter japanischer Garten angelegt. Es war der erste Garten dieser Art im (damaligen) Deutschen Reich. Zahlreiche sollten folgen. Sie alle zeigen die noch heute anhaltende Begeisterung für die ganz eigene Form einer Gartengestaltung. Doch wie haben sich die „westliche“ Sicht auf die japanische Gartenkunst und die errichteten "japanischen Gärten" in Europa gegenseitig beeinflusst? Dieser Frage und der Geschichte der japanischen Gärten in Deutschland – von 1904 an bis heute – widmete sich von Oktober 2018 bis Jänner 2019 eine Ausstellung im Museum für Gartenkunst in Benrath (Düsseldorf). Im Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung bietet der Autor (und Kurator der Ausstellung), Christian Tagsold, eine sehr gut dosierte Einführung in das Themengebiet an. Seine im besten Sinne des Wortes kritischen Texte führen sicher bei manchen Leserinnen und Lesern zu Aha-Erlebnissen.

In den Vorbemerkungen des Herausgebervertreters Stefan Schweizer wird deutlich, dass nationale Zuschreibungen in der Gartenkunst kein Phänomen des 20. Jahrhunderts sind, sondern bereits in der Renaissance mit dem "italienischen Garten" nachzuweisen sind. Mit Versailles hat sich der "französische Garten" als Stiltypus festgesetzt, und mit dem "englischen Landschaftsgarten" kam ein weit über die Grenzen Englands verbreitetes, nationales Vorbild auf. Doch gibt es überhaupt authentische "nationale" Gärten? Muss ein in Europa errichteter "japanischer Garten" von einem japanischen Gartenkünstler entworfen sein, um als "echt japanisch" zu gelten? Der Autor zeigt in vielen Kapiteln, dass die meisten japanischen Gärten im deutschsprachigen Raum eben nicht von japanischen Fachleuten angelegt wurden. Tagsold fokussiert dabei auch auf ein Missverständnis: In Europa gehen die meisten Menschen davon aus, dass diese Gärten eine lange Tradition haben und über Jahrhunderte hinweg durch bestimmte klar definierbare Merkmale ausgezeichnet sind. Da es diese – wie er darlegt – nicht gibt, beruht die Unterstellung eines einheitlichen nationalen japanischen Gartenstils auf einer falschen Annahme. Das berühmteste Beispiel, welches der Autor immer wieder in den Fokus rückt, ist der Steingarten des Ryoan-Tempels in Kyoto, der Mitte der 1930-Jahre aufgrund der Texte von Bruno Taut und Loraine Kuck zum "Zen-Garten" und zu einem typischen japanischen Garten, zu einer Ikone, mutierte. Doch die Idee des Zen-Gartens war vor den 1930-Jahren in Japan völlig unbekannt, wie Christian Tagsold betont.

Viele europäische Annahmen über den "japanischen Garten" wurden geprägt durch Bücher von Nicht-Japaner. Gleichzeitig perpetuieren sich Grundannahmen; erst in den letzten zwei, drei Jahrzehnten werden die Hintergründe für die Entwicklung der Gartenkunst in Japan näher dargelegt und zahlreiche Stereotypen – wie der Sinn der Japaner für feine Ästhetik und eine tiefe Naturverbundenheit – hinterfragt. So betont Christian Tagsold auch, dass Gärten in Japan bis weit ins 19. Jahrhundert einer kleinen Oberschicht vorbehalten waren und erst mit der Öffnung Japans in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die "Nationalisierung" der Gartenkunst in diesem Land einsetzte.

Fazit zu dieser Publikation: Das angenehm zu lesende, da flüssig geschriebene Buch ist allen am Thema interessierten Personen zu empfehlen. Nicht mehr – und nicht weniger.

Christian Hlavac

 

Christian Tagsold: Japanische Gärten in Deutschland. Stefan Schweizer, Stiftung Schloss und Park Benrath (Hrsg.). Düsseldorf 2018. 164 Seiten. ISBN 978-3-947932-00-9, EUR 15,- [D]

 

 

 



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