Landschaftsgarten Pfaueninsel

 

 

Die Gartengeschichte der Berliner Pfaueninsel – deren Namen nichts mit Pfauen zu tun hat – beginnt mit der Inbesitznahme durch den preußischen König Friedrich Wilhelm II. im Jahr 1793. Unter dem zuständigen Hofgärtner Ferdinand Fintelmann entstand ab 1804 ein mit einer Musterlandwirtschaft geschmückter Landschaftsgarten.

In der Einleitung widmet sich Michael Seiler der Forschungsgeschichte der Havelinsel im Grenzbereich von Berlin mit Potsdam. Das erste (kurze) Kapitel beschäftigt sich mit der Besitznahme durch Friedrich Wilhelm II. im Jahr 1793. Unter seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm III. änderte sich 1797 die Gestaltung der Pfaueninsel insofern, als der König neben der bereits bestehenden Meierei eine Muster-Gutsherrschaft auf der Insel einrichten und eine intensive Landwirtschaft betrieben ließ (Kapitel 2). Unter dem Hofgärtner Joachim Anton Ferdinand Fintelmann und seinem Freund bzw. Vorgesetzten Peter Joseph Lenné wurde die Pfaueninsel – nun als Sommersitz des Königs auserkoren – ab 1816 zu einem "reinen" Landschaftsgarten umgestaltet; die Ackerflächen verschwanden, jedoch wurde der Grundstock für eine (im Jahr 1842 deutlich reduzierte) Menagerie gelegt (Kapitel 3). Im Jahr 1834 übernahm der Neffe Fintelmanns, Gustav Adolph, die Hofgärtnerstelle auf der Pfaueninsel und behielt diese 35 Jahre (Kapitel 4). Danach hatten sechs Männer die Funktion des hauptverantwortlichen Gärtners über, bis sie im Jahr 1979 der Autor Michael Seiler übernahm. In den Kapiteln 5 bis 11 werden die teils kaum bekannten, für die Pfaueninsel hauptzuständigen Personen und ihr Einfluss auf die Gestaltung und Pflege vorgestellt. Der vielseitige Anhang des Buches umfasst die erhaltenen 14 Pläne und Karten (Originale, Kopien oder Fotos), die Liste der vernichteten Akten, eine Tabelle der auf der Insel verstorbenen und am nahen Friedhof Nikolskoe begrabenen Personen, die Gästelisten des Schlosses, Pflanzlisten sowie zwei Dienstordnungen. Ein Literatur- und Quellenverzeichnis sowie ein (unvollständiges) Personenregister schließen das Buch ab.

Dass das Verfassen einer umfänglichen und lückenlosen Gartengeschichte der Pfaueninsel unmöglich ist, liegt in einer einfachen Tatsache begründet: Ein großer Teil der Akten der Gartendirektion ist 1943 bei der Bombardierung des Schlosses Charlottenburg verbrannt. Seiler schafft es trotzdem, den Spannungsbogen aufrecht zu erhalten. Dies gelingt ihm auch dadurch, dass er viele privat erhaltene Unterlagen, die er von verschiedener Seite im Laufe der Jahrzehnte erhielt, auswertete. Dass er Zugang zu diesen "grauen" Quellen bekam, hängt mit seiner einstigen Tätigkeit zusammen. Seiler war von 1979 bis 1993 Leiter der Dienststelle auf der Pfaueninsel und danach bis zur Pensionierung (2004) Gartendirektor bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam-Sanssouci. Mit der Gründung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg 1995 kehrte die Pfaueninsel in seine Zuständigkeit zurück. Michael Seiler ist DER Kenner der Pfaueninsel, nicht nur aufgrund seines Berufes – man könnte auch von Berufung sprechen –, sondern auch aufgrund seines Wohnortes, der Pfaueninsel.

Während über die frühen Phasen des Landschaftsgartens schon mehrfach – auch von Michael Seiler selbst – Bücher und Beiträge publiziert wurden, ist die Zeit ab zirka 1870 bisher noch nicht ausführlich dargestellt worden. Nun liegen erstmals 200 Jahre – nämlich der Zeitraum 1793 bis 1993 – der gärtnerischen Geschichte der Insel schriftlich und mit vielen Abbildungen versehen vor, untergliedert nach den Amtszeiten der in Summe neun Gartenverantwortlichen. Und so wird auch der "katastrophale Missbrauch" (Seiler) der Insel durch die Nationalsozialisten in den Jahren 1936 und 1937 in Wort und Bild festgehalten.

Fazit: Mit dem vorliegenden Buch schrieb Michael Seiler nicht nur eine umfassende Geschichte der Pfaueninsel an sich, sondern auch eine Geschichte der örtlichen Gartendenkmalpflege. Immer wieder wird deutlich, wie schmerzlich der Verlust von zahlreichen Akten noch heute nachwirkt. Erfreulich ist hingegen der Umstand, dass das flüssig geschriebene Werk zahlreiche zeitgenössische Zitate aufweist, die uns den Alltag der Hofgärtner, Kastellane, Taglöhner und sonstigen Arbeiter und Bewohner der Pfaueninsel näher bringen. Somit ist das Buch auch als Beitrag über die sozialen Verhältnisse und den Arbeitsalltag auf der Havelinsel zu sehen.

 

Christian Hlavac

 

 

Michael Seiler: Landschaftsgarten Pfaueninsel. Geschichte seiner Gestaltung und Erhaltung. Verlag VDG. Ilmtal-Weinstraße 2020. 336 Seiten, 21 × 26,5 cm, 206 Abbildungen, Hardcover. ISBN 978-3-89739-927-3, EUR 39,80 [D]

 

 



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