Lustwald, Beet und Rosenhügel

Lustwald, Beet und Rosenhügel

 

Dieses schwergewichtige Buch (2 kg) entzieht sich schon aufgrund seines Umfanges (432 eng beschriebene A4-Seiten) einer präzisen, alle Aspekte und Inhalte umfassenden Besprechung. Eines ist jedoch gewiss: Der Autor ist der beste deutschsprachige Kenner der Literatur über Gartenkunst und ein vielseitiger Fachautor (siehe zum Beispiel die Bücher "Geschichte der Gartentheorie" und "Bäume und Sträucher in historischen Gärten"), der viel Wissen in sein neues Buch verpackt hat, welches sich der Geschichte der Pflanzenverwendung in der Gartenkunst widmet. Im Werk "wird die Gartengeschichtsschreibung, die sich seit mehr als 100 Jahren auf kunsthistorische Aspekte konzentriert hat, wieder in erster Linie auf die Pflanze und ihre Verwendung ausgerichtet", wie im Klappentext heißt. Unter dem Begriff "Pflanzenverwendung" versteht der Autor die Auswahl, Anordnung und Kombination lebender Pflanzen, bei der ein Teil der Unterhaltungsmaßnahmen, wie Kronengestaltung und Formschnitt miteingeschlossen wird. Überwiegend technische Vorgänge, wie unter anderem die Anzucht und Verjüngung, bleiben dabei ausgeklammert. Wimmer beginnt seine Ausfährungen in der Neuzeit (Renaissance), da sich erstens wenige Dokumente und zweitens keine Beispiele der Gartenkunst aus der Zeit davor erhalten haben, und endet in der Zeit um 1970.

Ziel der Publikation ist laut Autor eine übersichtliche Klassifikation und detaillierte Darstellung der heute weitgehend unbekannten historischen Verwendungsformen von Pflanzen. Hierunter versteht Wimmer die Zusammenstellung von Pflanzen (Beete, Rabatten, Rasenflächen, ...), somit die Grundbausteine eines Gartens. Der Autor hat sich gegen eine chronologische Vorstellung von Pflanzprinzipien entschieden, da nicht selten verschiedene Prinzipien gleichzeitig - auch bei ein und derselben Person - festzustellen sind. Er argumentiert für eine grobe Gliederung, die Varianten und Nebenströmungen subsumiert.

Die Hauptkapitel "Renaissancegarten", "Barockgarten" (inklusive Rokokogarten), "Landschaftsgarten" (unterteilt in "klassischen", "sentimentalen" und "naturexpressiven"), "Garten des Eklektizismus", "Spät- und neuromantischer Garten" sowie "Garten der Moderne" beginnen jeweils mit der Darstellung allgemeiner Charakteristika der Pflanzenverwendung und ihrer Einordnung in die Kunst- und Geistesgeschichte. Es folgt ein Überblick über das Pflanzsortiment, ergänzt um Angaben zur Einführung, Züchtung und Verbreitung von manchen Arten und Sorten. Zentral ist die Besprechung der jeweiligen Gartentypen (zum Beispiel Küchengarten, Rosengarten oder Alpengarten) und Verwendungsformen der Pflanzen (zum Beispiel Parterres, Knotenbeete oder Spaliere). Abschließend werden die gartentheoretischen Publikationen ausgewählter Autoren aus dem deutsch- und englischsprachigen Raum sowie Fallbeispiele vorgestellt, wobei meist (übersetzte) Zitate die Grundaussagen der Autoren verdeutlichen sollen.

Für Praktiker aus dem Bereich Gartenhistorie und Gartendenkmalpflege ist vor allem das letzte Kapitel sehr hilfreich: Wie ist der Denkmalbestandteil "Pflanze" aus denkmaltheoretischer Sicht zu behandeln? Wie ist mit originalen zeitgenössischen Quellen (vor allem Pflanzenlisten) bei der Auswertung und anschließenden Beurteilung fachgerecht umzugehen? Wie kann bzw. muss das Vorgehen beim Ersatz nicht mehr vorhandener Pflanzungen aussehen? Diesen Fragen widmet sich der Autor sehr detailliert und praxisnahe. Ein sehr umfangreiches Primär- und Sekundärliteraturverzeichnis und ein Register schließen das Werk ab.

Auch wenn das Buch einen geographischen Fokus auf Deutschland, England und Frankreich legt, gibt es immer wieder auch einen Österreichbezug. Entweder im Text oder mittels Abbildungen tauchen auf: Neugebäude, Garten Althan (Alsergrund), Schloss Hof, Mirabellgarten, Huldenberggarten (Weidlingau), Neuwaldegg, Schönbrunn, "Alte" und "Neue" Favorita (Augarten und Theresianum), Schwarzenberggarten sowie Liechtensteingarten (Roßau). Aufgrund der riesigen Datenmenge darf es nicht verwundern, wenn sich einige wenige Ungenauigkeiten eingeschlichen haben. So war Jean Trehet um 1704 nicht der alleinige Gestalter des Liechtensteingartens in der Roßau, wie man nach der Lektüre vermuten würde (S. 127), sondern es lässt sich Trehets Mitarbeit zwischen 1701 und 1707 mehrfach nachweisen, ohne dass ein Entwurf für den Garten überliefert ist (siehe den Beitrag von Géza Hajós über Jean Trehet in "Die Gartenkunst", Heft 2/2014). Oder: Das Photo auf Seite 210 zeigt nicht eine Grabpyramide im Fürstenlager bei Bensheim, sondern jene im Staatspark Wilhelmsbad. Die insgesamt wenigen Fälle an Fehlern und Ungenauigkeiten zeigen, wie genau der Autor - trotz der Fülle an Informationen - gearbeitet hat. Exzellent sind die zahlreichen Pläne, historischen Abbildungen und Photographien gedruckt, die den Text gut unterstützen.

Aufgrund des großen Umfanges des Buches und der teils staccatoartig aneinandergereihten Sätze eignet sich das vorliegende Buch eher als Nachschlagewerk denn als Lesebuch. Eines kann jedoch nach Lesen des Werkes mit Sicherheit behauptet werden: Clemens Alexander Wimmer hat mit "Lustwald, Beet und Rosenhügel" ein deutschsprachiges Standardwerk zum Thema Verwendung von Pflanzen in der Gartenkunst verfasst.

 

Christian Hlavac

 

Clemens Alexander Wimmer: Lustwald, Beet und Rosenhügel. Geschichte der Pflanzenverwendung in der Gartenkunst. Verlag VDG. Weimar 2014. Hardcover, 432 Seiten, 570 Abbildungen, zumeist in Farbe, ISBN 978-3-89739-749-1. EUR 52,- [D]



<< zur Übersicht