Mancherlei Gedanken über die Art und Weise, Gärten anzulegen

Der Gartenschriftsteller John Claudius Loudon würdigte Izabela Czartoryska in seinem Werk „Encyclopaedia of Gardening“ 1822 als „Wegbereiterin des Landschaftsgartens in Polen“. Der österreichische Bibliograph Constant von Wurzbach schrieb in seinem „Biographischen Lexikon des Kaiserthums Oesterreich“ (Band 3, 1858), dass „insbesondere die Gartenkunst und Obstbaumzucht Gegenstände“ waren, „denen die Fürstin [Izabela Czartoryska] große Sorgfalt widmete.“ Wurzbach weiter: „Um die Cultur der Gärten im Lande zu verbreiten, schrieb sie auch das Werk […] Verschiedene Gedanken über die Methode Gärten anzulegen […], in einem anmuthigen Style mit tiefem Gefühl, worin eine seltene Liebe zur Natur athmet […].“

Izabela Czartoryska (1746-1835), Ehefrau des Politikers und Generalstarost von Podolien Fürst Adam Kazimierz Czartoryski, ging als Schriftstellerin, Kunstmäzenin, Gestalterin ihrer eigenen Gärten sowie Begründerin der ersten Museen Polens in die (polnische) Geschichtsschreibung ein. Neben der Anlegung ihren eigenen Parkanlagen in Powazki bei Warschau und ihrem Hauptwerk Pulawy bei Lublin war vor allem ihr Buch „Mysli rozne o sposobie zakladania ogrodow“ (Mancherlei Gedanken über die Art und Weise, Gärten anzulegen) wegweisend für die Verbreitung des damals „neuen“ Gartenstils in Polen. Ihr Werk erschien erstmals 1805, wobei Czartoryska diese erste Auflage anscheinend ausschließlich an Freunde und Bekannte verschenkte. Erst die zweite Auflage (1808) ging in den freien Verkauf - und gilt als erstes umfangreicheres Traktat zur Kunst des Landschaftsgartens in polnischer Sprache. Es wurde seit dem Erscheinen nie in eine andere Sprache übersetzt. So verwundert es nicht, dass dieses Werk - wie Michael Niedermeier zu Recht festhält - auch bei Fachleuten kaum bekannt ist; im Gegensatz zu anderen ähnlich aufgebauten Werken, wie zum Beispiel Pückler-Muskaus „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“ (1834).

Es ist den Garteneigentümern Renée und Rüdiger Uhlenbrock ein Dank auszusprechen, die sich ab 2015 mit dem Werk vertraut gemacht und eine deutsche Übersetzung angestoßen haben, die nun - mehr als 200 Jahre nach der Erstauflage in polnischer Sprache - als Band 32 der „Mitteilungen der Pückler-Gesellschaft e. V. Berlin“ erscheinen konnte.

Das vorliegende Buch hat zwei Teile: einen mit Beiträgen rund um die Person Czartoryska und einen mit ihrem übersetzten Werk. Im einleitenden Beitrag geht Michael Niedermeier näher auf die Verbindung zwischen Izabela Czartoryska, ihrem Werk und dem Weimarer Kulturkreis ihrer Zeit (insbesondere Goethe) ein. Er erläutert auch ausführlich die Geschichte des Übersetzungsprojektes. Barbara Werner (Warschau) leitet in ihrem Geleitwort die „Gedanken“ Czartoryskas mit biographischen Details ein; Katrin Schulze ergänzt und vertieft dies im folgenden Beitrag. Adam S. Labuda widmet sich anschließend den von Czartoryska erstmals in Polen eingerichteten Museen: dem sogenannten Sibyllentempel und dem Gotischen Haus im Park der Fürstin in Pulawy.

Den Hauptteil des vorliegenden Buches bildet der Textteil (Vorwort und elf Kapitel) des von Marta Majorczyk aus dem Polnischen übersetzten Werkes von Izabela Czartoryska. In einem Anhang werden von Czartoryska für Gärten geeignete Bäume, Sträucher, Stauden und Blumen, jeweils alphabetisch geordnet, angeführt, wobei Clemens Alexander Wimmer diesen „Pflanzenkatalog“ redigiert und mit dem heutigen Wissen abgestimmt hat. Das Buch ist mit 27 Kupferstichen oder Radierungen - hier sind sich die einzelnen Autoren anscheinend nicht einig - von Jan Zachariasz Frey (1769-1829) illustriert. Die Vorlage für diese erste deutsche Übersetzung aus dem Polnischen bildet ein prächtiges, handkoloriertes Exemplar aus der Privatbibliothek der Großherzogin Maria Pawlowna von Sachsen-Weimar aus dem Besitz der Klassik-Stiftung Weimar.

Gleich zu Beginn steckt die Autorin Izabela Czartoryska die Grenzen und den Zweck ihrer Abhandlung ab: „Ich schreibe nicht über Gärten, wie ein Gärtner schreiben würde. Ich gebe keine Prinzipien vor, die in tausenden von Büchern zu finden sind. […] Die hier in knapper Form zusammengetragenen Gedanken sollen nicht nur unter Beweis stellen, dass Gärten Landsitze verschönern, sondern dass ein jeder Platz, jedes Dorf, jedes Vorwerk, die kleinste Ecke zu einem Garten werden kann. […] Wenn ein bescheidener Besitz es nicht zulässt, große Gärten zu pflanzen, gibt es Mittel und Wege, die ganze Umgegend mit geringen Kosten zu verzieren, die auf diese Weise zum Garten des Eigentümers wird.“ Immer wieder wird im Text Czartoryskas deutlich, dass nach ihrer Ansicht in jedem Teil eines Gartens das Nützliche mit dem Schönen verbunden werden kann. Auch kleine „Ausschmückungen“ - und nicht nur ein Garten - können nach ihrer Ansicht helfen, einen Wohnsitz zu verschönern. Den Eigentümern von Gütern redet sie (mehrmals) ins Gewissen: „[…] es schadet nicht, Bäume zu pflanzen, gutes Obst zu essen und gesäuberte Pfade zu haben.“ Nicht nur wenn sie das Pflanzen von Obstbäumen als Alleen propagiert, glaubt man, eine Verfechterin der Landesverschönerung vor sich zu haben. Wie auch Christian Caj Lorenz Hirschfeld hält sie nichts davon, an unpassenden Stellen Bauten nur um ihrer selber Willen zu errichten, wie zum Beispiel eine Grotte auf einer Wiese oder eine Einsiedelei zwischen schurgerade gezogenen Wegen, oder inhaltlich gleiche Gebäude (Staffagebauten) doppelt oder dreifach aufzustellen. Sie spricht sich auch gegen zweckfremde Bestandteile, gegen „mit Bauten jedweder Art […] vollgestopfte Gärten an einem beengten Standort“ und zu häufig angebrachte Inschriften im Garten aus. Einen noch heute modernen Ansatz vertritt sie bei der Anlegung neuer Wege: Es gäbe „Fälle, in denen es am besten wäre, wenn man die Wege entlang den Spuren führen würde, welche die Einheimischen bereits ausgetreten haben.“

In den elf Kapiteln behandelt die Autorin alle wesentlichen Gestaltungselemente des Landschaftsgartens. Auch wenn an manchen Stellen ein literarischer Anspruch herauszulesen ist, enthält ihr Werk auch ganz praktische, anschaulich dargestellte Ratschläge - nicht nur für die Anlage von Gärten, sondern auch für die Verschönerung von Dörfern und ländlichen Gegenden. Nach der von Czartoryska erlebten Aufteilung Polens unter den Großmächten Preußen, Russland und Österreich – und nicht wie auf der Coverseite angegeben „Österreich-Ungarn“ - wurden Gärten für sie zum Symbol: einerseits für eine glücklichere Vergangenheit, andererseits für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Großen Raum widmet Czartoryska den Bäumen und ihrer Anlegung als Clumps, wobei die Bäume „egal ob heimisch oder nicht, so gemischt werden [sollten], dass sie untereinander in ihren Formen, in ihrem Laub, den Grüntönen und der Blüte möglichst starke Kontraste und Unterschiede aufweisen.“ Übrigens zeigt der einleitende Beitrag von Michael Niedermeier, dass die von Czartoryska vorgeschlagenen Clumps Anregungen für mehrere deutsche Anlagen lieferten.

Ihre Ansichten über die Anlegung von Gärten wurden ohne Zweifel stark durch ihre Reisen - insbesondere nach England und Schottland - beeinflusst. Nach einer ersten Reise nach Dresden, Paris und London im Jahre 1768 hielt sie sich 1772-1774 in London auf. Eine weitere Reise führte in die Schweiz, danach waren England und Schottland (1789-1791) an der Reihe. Vorher hatte sie im Juni 1785 Dessau (und mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Wörlitzer Anlagen) besucht.

Das schön aufgemachte und gedruckte Buch ist - so wie in der Einleitung als Wunsch formuliert - tatsächlich ein Beitrag zum besseren Verständnis der Verwobenheit und der Wechselbeziehungen der europäischen und polnischen Entwicklung in Kunst und Landschaftsgestaltung. Es bringt die Abhandlung der Fürstin Czartoryska einem deutschsprachigen Publikum näher.

 

Christian Hlavac

 

Izabela Czartoryska: Mancherlei Gedanken über die Art und Weise, Gärten anzulegen (1808). Mitteilungen der Pückler Gesellschaft e. V. Berlin, Band 32. VDG Verlag. Weimar 2018. Hardcover, 236 Seiten, 30 Farbabbildungen. ISBN 978-3-89739-909-9, EUR 49,80 [D]



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