Schöne Aussichten
Schöne Aussichten
Quasi ergänzend zum Anfang 2007 erschienenen Buch "Das barocke Wien. Die Kupferstiche von Joseph Emanuel Fischer von Erlach und Johann Adam Delsenbach" (herausgegeben 1719) widmet sich die aktuelle Ausstellung "Schöne Aussichten" des Wien Museum einer der wichtigsten Bildquellen der Geschichte Wiens aus dem 18. Jahrhundert: Der "Sammlung von Aussichten der Residenzstadt Wien", die ab 1779 (und nicht wie irrtümlich auf der hinteren Umschlagseite falsch angegeben ab 1799) bis 1798 im Verlag Artaria erschien. Es handelt sich dabei um 57 handkolorierte Umrissradierungen, gezeichnet und gestochen von Carl Schütz, Johann Ziegler und Laurenz Janscha. Schütz - so eine interessante Verbindung - absolvierte u.a. auch die Architekturklasse bei Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg, der Ende des 18. Jahrhunderts einige Staffagebauten im Schlosspark von Schönbrunn errichtete (siehe Tafeln S. 159, 161).
Im Ausstellungskatalog werden alle ersten Auflagen (Etats) in farbigen Abbildungen publiziert, allerdings nicht in der Reihenfolge ihres Entstehens und Erscheinens, sondern in einer "stadträumlichen Bewegung vom Zentrum über das Glacis hinaus in die Vorstädte und ins Weichbild der Stadt" (Vorwort von Wolfgang Kos, S. 9). In den Stichen ging es vor allem darum, die Stadt von ihrer besten Seite zu zeigen. Sie wollen "Einheimischen als auch Ausländern ein Vergnügen verschaffen" und jenen, die noch nie in Wien waren, "einen Begriff von der Residenz des Kaisers machen" (Ankündigungstext 1779). Die Schattenseiten des Stadtlebens, die urbane Hektik und die beengten Wohnverhältnisse wurden dabei ausgeblendet. Neue prächtige Gebäude wurden auf den Wien-Ansichten von Artaria ebenso dokumentiert wie die erstmals für die breite Bevölkerung geöffneten Grünerholungsgebiete (Augarten, Prater). Gemäß der Aufklärung unter Kaiser Josef II. präsentierten die Veduten das Bild einer neuen Zeit: Bürger flanieren selbstbewusst neben Adeligen und Bücher lesende Männer zeugen von Bildungsidealen (siehe z.B. im Augarten, Tafel S. 113). Spätere Etats machen die politischen Verschärfungen unter Kaiser Franz I. deutlich: Liberale und aufgeklärte Tendenzen in den Bildern werden rückgängig gemacht.
An dieser Stelle sollen uns jene Ansichten näher beschäftigen, welche Gartenpaläste und Gartenanlagen zeigen: Das Belvedere mit Palais und Garten Mansfeld-Fondi-Schwarzenberg und Garten des Salesianerinnenklosters (Tafeln S. 49 bzw. 129, 131), das Glacis mit den Alleen (S. 51), der Gartenpavillon des Palais Harrach von Johann Lukas von Hildebrandt (S. 77, Pavillon nicht mehr existent), die Gärten des Camadulenserklosters am Kahlenberg (Bildhintergrund S. 86 und 95, Anlage nur mehr in Resten existent), der Augarten (S. 109, 111, 113, 115), der Prater (S. 117, 119, 121), der Palast Kaunitz mit Garten (S. 135, Palast nicht mehr existent), Schlosspark Schönbrunn (S. 151, 155, 157, 159, 161). Bei der Ansicht auf S. 157 wird man auf einen Fehler des Artaria Verlages oder der Herausgeber des Kataloges stoßen. Im originalen Textblatt ist von der Allee zur Menagerie (westliches Rondeau) die Rede. Abgebildet ist jedoch die Allee zum Obelisken (östliches Rondeau). Abgeschlossen wird das Thema Garten durch die Abbildung aus 1780 von Schloss Neuwaldegg. Im rechten Hintergrund sind schematisch der große (und kleine?) chinesische Pavillon zu erkennen, wobei der große chinesische Pavillon 1781 erstmals in der Literatur erwähnt wird. Ebenfalls stark vereinfacht abgebildet ist die Allee zur "Ruine eines Tempels" (Anm.: Diese frühe Abbildung ist in der sehr genauen und umfassenden Diplomarbeit aus 2005 von Franz Traxler über den Neuwaldegger Park nicht eingearbeitet).
Der Ausstellungskatalog zeigt unter anderem, dass die Bilder von Schütz, Ziegler und Janscha nicht nur für die Erforschung und Beschreibung der Stadt an sich sondern auch der Gartenanlagen hilfreich sind.
Christian Hlavac
Wien Museum (Hrsg.): Schöne Aussichten. Die berühmten Wien-Bilder des Verlags Artaria. Ausstellungskatalog. Christian Brandstätter Verlag. Wien 2007.
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